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Auch wenn in Deutschland von den rund 1,4 Millionen Menschen mit Demenz nur ein Bruchteil jünger ist als 65 Jahre, steigt der Anteil der jüngeren Demenzpatienten kontinuierlich an. In jungen Jahren bringen Demenzerkrankungen ganz andere Probleme mit sich, auf die nicht alle Familien, Pflegeeinrichtungen und Institutionen eingerichtet sind.
In einem Lebensalter zwischen 30 und 40 Jahren dement werden; damit rechnet keiner. Doch auch junge Menschen können an einer Form der Demenz erkranken. Ursachen für Demenzerkrankungen vor dem 65. Lebensjahr sind vielfältig, wobei die Forschung insbesondere auf Erkrankungen wie
- Alzheimer Krankheit, Lewy-Körperchen-Krankheit, Morbus Parkinson oder andere neurodegenerative Krankheiten
- Schlaganfälle und Durchblutungsstörungen
- Hirntumore
- sehr selten auftretende, vererbbare Form der Alzheimer Krankheit
- Trisomie-21, Down-Syndrom
hinweisen. Aber auch dauerhafter und übermäßiger Alkoholkonsum kann das Risiko, früh an einer Demenz zu erkranken, verdreifachen.
Dabei fallen den Menschen, die mitten im Leben stehen, die Symptome einer Demenz schnell auf. Plötzlich fehlt es an Durchsetzungsvermögen, die Konzentrationsfähigkeit leidet oder auch die Orientierungsfähigkeit schwindet. Es kommt zu Problemen auf der Arbeit, in der Familie und auch im Privatleben. Viel länger dauert jedoch der Weg bis zur Diagnose, da in jungen Jahren sogar von Ärzten zunächst einmal Erkrankungen wie Burn-out oder Depressionen angenommen und untersucht werden.
Mit der Diagnose fangen die Probleme richtig an
Erkrankt der Hauptverdiener einer Familie in jüngeren Jahren an einer Demenz, steht nicht selten die ganze Familie vor finanziellen Schwierigkeiten. Eine Demenzerkrankung bedeutet zwar nicht automatisch, dass die Arbeit von heute auf morgen aufgegeben werden muss. Aber je nach Demenzform und Fortschritt der Erkrankung ist davon auszugehen, dass irgendwann – und vielleicht sogar in absehbarer Zeit – eine Arbeitsunfähigkeit besteht. Bis zu diesem Tage sollten Menschen mit Demenz versuchen, ihrer Arbeit weiterhin nachzugehen und darüber nachzudenken, vielleicht in Teilzeit zu wechseln oder aber leichtere Aufgaben zu übernehmen.
Ist arbeiten nicht mehr möglich, sollten sich Betroffene krankschreiben lassen, um zumindest vom Krankengeld zu profitieren, das im Regelfall 78 Wochen lang gezahlt wird. Nach diesem Zeitraum gelten junge Demenzkranke als berufsunfähig und müssen in Rente gehen. Schon früh nach der Diagnose sollte daher ein Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad gestellt werden. Ab dem Pflegegrad 2 steht Pflegebedürftigen Pflegegeld zu, das zwar Gehalt oder Arbeitsentgelt nicht wirklich auffangen kann, aber eine kleine finanzielle Unterstützung darstellt. Mit einem Pflegegrad stehen Pflegebedürftigen auch weitere Leistungen aus der Pflegeversicherung zu, die im Pflegeratgeber näher erläutert werden.
Schwierig wird die Situation auch dadurch, dass der gesunde (Ehe-) Partner häufig dann auch nicht (mehr) Vollzeit arbeiten kann, da er sich um den Kranken kümmern muss.
Die Familie leidet mit
Sowohl für den Partner als auch für die Kinder ist es schwer zu verstehen, wie sehr sich ein Mensch durch eine Demenz verändern kann. Je nach Demenzform wird der vormals so selbstständige Mensch hilfsbedürftig, ändert sein Wesen und kann sogar beleidigend oder aggressiv werden. Vor allem Kinder leiden unter dieser Belastung. Ihnen sollte von Anfang an altersgerecht erklärt werden, was durch die Krankheit mit dem betroffenen Elternteil geschieht.
Vor allem tendieren Kinder schnell dazu, sich für alles die Schuld zu geben. Dies darf in Bezug auf die Erkrankung eines Elternteiles niemals geschehen, weshalb oft darüber gesprochen werden sollte. Wenn Kinder gar nicht mehr zurechtkommen, können Schulsozialarbeiter, außenstehende Vertrauenspersonen oder auch Psychologen helfen, was im Übrigen auch für Partner gilt.
Familienangehörige sollten sich nicht scheuen, Hilfe anzunehmen. Der Kontakt zu Gleichgesinnten in Angehörigengruppen bietet beispielsweise auch notwendigen Austausch und wertvolle Unterstützung.
Pflegebranche ist selten auf junge Menschen eingestellt
Junge Menschen mit Demenz haben in der Regel zunächst einen guten Ein- und Überblick über ihre Erkrankung. Sie wünschen sich, weiterhin „normal“ behandelt zu werden. Sie haben Schwierigkeiten mit dem Rollenwandel von „gesund“ zu „krank“ sowie Angst vor dem Verlust von Status und Autonomie. Nicht selten wird die Demenz deshalb in der Öffentlichkeit erst mal verheimlicht und vertuscht.
Wenn es dann aber soweit ist, dass junge Demenzpatienten im Alltag nicht mehr klarkommen und auch die Familie keine Unterstützung leisten kann, stellt die Unterbringung und Versorgung ungeahnte Herausforderungen dar. In Deutschlands Alten- und Pflegeheimen sind die Bewohner viel älter. Der höhere Altersdurchschnitt sorgt dafür, dass sich jüngere Pflegebedürftige eher schlecht integrieren können und frustrierende Langeweile aufkommt. Darüber hinaus sind die Pflegeinstitute auf die Ansprüche und Bedürfnisse älterer Menschen eingerichtet, was nicht nur Aktivitäten, Ernährung, Verdauung oder Intimität betrifft.
Pflege von jungen Menschen muss verbessert werden
Nur wenige Projekte widmen sich der Pflege junger Pflegebedürftiger. Eines davon ist das EU-Projekt Leonardo Da Vinci, das den vermehrten Bedarf an fachgerechter Pflege junger Menschen richtig erkannt hat. Diskutiert wurden hier die besonderen Ansprüche jüngerer Pflegebedürftiger und die Erarbeitung sowie Entwicklung von entsprechenden Fortbildungsangeboten für Pflegekräfte. Ein weiteres EU-Projekt, an dem die CareWork ebenfalls beteiligt war, ist das Erasmus-Projekt „junge Pflege“. Auch bei diesem Projekt lag der Fokus ganz klar auf der Verbesserung der Pflege von jungen Pflegebedürftigen und die Aus- und Fortbildung des Pflegepersonals. Die aus beiden Projekten stammenden Bildungskonzepte wurden zwischenzeitlich erprobt, evaluiert und umgesetzt.
Dass der Bedarf an Einrichtungen und Pflegepersonal für die junge Pflege besteht, zeigen auch die Statistiken: Zwischen 2009 und 2011 stieg die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 15 und 60 Jahren um 4,8 %; zwischen 2011 und 2013 um 5,6 %. Im Jahr 2013 waren 283.762 Menschen zwischen 15 und 60 Jahren als pflegebedürftig gemeldet, wovon 87,55 % unter größten Anstrengungen zu Hause gepflegt wurden. Nur 35.323 junge Pflegebedürftige waren 2013 in Heimen untergebracht, die zum Großteil die Situation in einem Umfeld von Hochbetagten beklagten. Es wird auch in Zukunft immer mehr Pflegebedürftige aller Altersklassen geben; und jeder von ihnen sollte eine krankheits- und altersgerechte Pflege zukommen.
Alternativkonzepte für junge Demenzkranke
Ganz langsam tut sich vielleicht etwas in Deutschland. Immerhin profitieren seit 2017 mit Einführung des PSG II deutlich mehr Demenzpatienten von Leistungen aus der Pflegekasse. Und durch zahlreiche Veröffentlichungen wurde mehrfach auf das Schicksal von Menschen, die schon früh an einer Demenz erkrankten, hingewiesen. Es wurden Beratungsstellen eingerichtet, Wohnkonzepte etabliert und Kurse für Angehörige angeboten. Einige Pflegeheime haben einen separaten Bereich für die junge Pflege eingerichtet und Pflegepersonal geschult.
Für die junge Pflege zu Hause kann jedoch auch eine sog. 24 Stunden Betreuung interessant sein, damit ein Partner weiterhin Vollzeit arbeiten gehen kann und dennoch sowohl der Pflegebedürftige als auch Familie und Haushalt versorgt werden.