In den Industrieländern sind insbesondere ältere Menschen von einer Mangelernährung betroffen. Etwa 60% der mangelernährten Senioren in Deutschland haben das 80. Lebensjahr bereits überschritten. Anfälliger für eine krankheitsbedingte Mangelernährung sind insbesondere Senioren mit chronischen Erkrankungen im Bereich des Verdauungssystems oder mit Tumorerkrankungen.
Welche Formen von Mangelernährung gibt es bei Senioren?
Bei einer Malnutrition wird es zwischen einer quantitativen und einer qualitativen Mangelernährung unterschieden.
Betroffene einer quantitativen Malnutrition führen ihrem Körper über die Ernährung nicht mehr genügend Kalorien zu. Es kommt zu einer Unterversorgung, bei der wichtige Nährstoffe und Vitamine fehlen. In der Folge verlieren Betroffene Körpergewicht, fühlen sich schwach und werden anfälliger für Infektionskrankheiten. Bei der quantitativen Mangelernährung wird auch von Unterernährung gesprochen.
Eine qualitative Mangelernährung beinhaltet, dass sich Betroffene nicht ausreichend mit Vitalstoffen versorgen. Bei dieser Fehlernährung werden zu wenig Eiweiße, Vitamine und Mineralstoffe zugeführt. Bei der qualitativen Malnutrition kommt es auch nicht unbedingt zu einem Gewichtsverlust, weshalb die Störung schwerer zu erkennen ist. Ganz im Gegenteil greifen qualitativ Mangelernährte zu häufig auf zuckerhaltige Lebensmittel, Fleisch und Weizenprodukte zurück. Sie nehmen weniger Tier- und Pflanzeneiweiße, Hülsenfrüchte, Obst, Vollkornbrot und Gemüse zu sich. Es kann auch sein, dass sie einfach zu wenig essen. Zu den Folgen gehört, dass der Körper abbaut. Auch das Immunsystem wird mit der Zeit geschwächt, sodass Betroffene häufiger an Infektions-und Alterskrankheiten leiden.
Folgen und Symptome einer Mangelernährung im Alter
Eine Mangelernährung zeigt sich durch unterschiedliche und messbare Symptome. Zu den sichtbarsten Symptomen gehört sicherlich der ungewollte Verlust von Körpergewicht. Nach Angaben der DGEM Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin ist dies der Fall, wenn
- der BMI (Body-Mass-Index) sich unterhalb von 18,5 befindet
- innerhalb der letzten drei bis sechs Monate ein Gewichtsverlust von mehr als 10% stattgefunden hat
- ab einem Alter von 65 Jahren: der BMI(Body-Mass-Index) sich unterhalb von 20 befindet und ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust von mehr als 5% innerhalb der letzten 3 Monate stattgefunden hat
Pflegende Angehörige, Verwandte und Freunde sollten eine Malnutrition in Erwägung ziehen, wenn Angehörige innerhalb kurzer Zeit viel Gewicht verlieren und auch die Muskelkraft dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Anzeichen hierfür können Schwäche und Müdigkeit sein. Aufmerksam sollte man auch werden, wenn ältere Menschen länger brauchen, um sich von Krankheiten und Infektionen zu erholen. Sowohl die Funktionen des Immunsystems als auch die Fähigkeit der Wundheilung sind bei Mangelernährung beeinträchtigt. Durch den Mangel an Mikronährstoffen und Proteinen wird die Reaktionsfähigkeit verzögert, weshalb das Risiko für Stürze, Brüche und Schwindel ansteigt.
Zu den klassischen Symptomen einer Mangelernährung zählen
- ungewollter und sichtbarer Gewichtsverlust, der beispielsweise durch plötzlich zu locker sitzende Kleidung bemerkt wird
- Appetitlosigkeit
- Schwäche und Müdigkeit
- Infektionsanfälligkeit
- Abbau von Muskelmasse
- Störung von Organfunktionen
- verzögerte Reaktionsfähigkeit
- langsame Wundheilung
- häufiger Stürze, Brüche und Schwindel
Mangelernährte weisen einen allgemein schlechteren Gesundheitszustand auf. Durch den Abbau von Muskulatur sind sie in ihrem Alltag eingeschränkt. Bei einer Malnutrition wird von einem erhöhten Sterberisiko ausgegangen.
Gründe für eine Malnutrition
Bei jüngeren Menschen entsteht eine Mangelernährung häufig im Zusammenhang mit einer Erkrankung. Bei Senioren sind die Ursachen einer Malnutrition oft vielfältiger. Hierzu gehören altersbedingte Ernährungsbesonderheiten, individuelle Lebenszusammenhänge, Krankheiten, Medikamente und Operationen.
Besonders erwähnenswert sind altersbedingte Besonderheiten wie Kau- und Schluckprobleme, Beeinträchtigungen von Armen und Händen sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit. Ältere Menschen möchten dann vielleicht eine ausgewogene Ernährungsweise verfolgen, können es aber nicht. Auf der anderen Seite können aber auch geistige Beeinträchtigungen oder das Nachlassen von Hunger und Durst durch einen verschlechterten Geruch- und Geschmackssinn zu einem riskanten Ernährungszustand führen. Viele ältere Menschen sind auch früher satt und haben deutlich länger ein Sättigungsgefühl.
Bei den Lebensumständen spielen depressive Verstimmungen oder Altersdepressionen und das damit zusammenhängende Fehlen der Motivation zum Kochen bei einer Mangelernährung eine Rolle. Aber auch praktische Gründe; beispielsweise das Fehlen von Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe, können eine Malnutrition im Alter begünstigen. Die Ernährung fängt schon mit der Planung und dem Einkauf an: Ist kein Geschäft in der Nähe, kann keine Einkaufshilfe die Aufgabe übernehmen oder ist schlicht zu wenig Geld für Lebensmittel vorhanden, ist eine ausgewogene und regelmäßige Nahrungsaufnahme als Herausforderung zu betrachten. Neben der Altersarmut kann aber auch eine Pflegebedürftigkeit ausschlaggebend sein. Viele Pflegebedürftige schämen sich beim Essen und Trinken oder lehnen beides ab. Nicht zuletzt wissen auch viele Senioren nicht, wie sie sich ausgewogen ernähren können.
Das Ernährungsverhalten kann auch durch Erkrankungen und Medikamente beeinflusst werden. Schluckstörungen und funktionelle Störungen, chronische Schmerzen oder akute Krankheiten sowie Infekte hindern am Essen und Trinken. Bei Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Organ-Erkrankungen, Tumorleiden und Stoffwechselproblemen sollte die Ernährung besondere Beachtung finden. Durch Unfälle und Stürze könnte die Mobilität von Senioren beeinträchtigt sein, was sie ebenfalls an einer richtigen Ernährung hindert. Menschen mit Demenz könnten das Essen und Trinken vergessen oder verweigern. Des Weiteren führen Neben- und Wechselwirkungen einiger Arzneimittel zu Magen-Darm-Beschwerden oder Appetitverlust.
Nach einer größeren Operation haben ältere Menschen aufgrund der damit verbundenen Stresssituation einen erhöhten Nährstoffbedarf. Frisch operierte Senioren neigen zur Mangelernährung.
Tipps für Maßnahmen gegen Mangelernährung im Alter
Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung einer Mangelernährung im Alter ist eine ausgewogene Ernährung mit regelmäßigen Mahlzeiten. Der Grundbedarf muss ausreichend gedeckt werden, auch wenn der Energiebedarf im fortgeschrittenen Alter durch einen verlangsamten Stoffwechsel sowie weniger körperliche Tätigkeiten sinkt. Im Alter zwischen 25 bis 50 Jahren beträgt der Energiebedarf bei Männern etwa 2400 Kalorien und bei Frauen circa 1900 Kalorien. Menschen über 65 Jahre benötigen hingegen noch etwa 2000 Kalorien (Männer) oder zirka 1600 Kalorien (Frauen).
Häufig sind die Anzeichen für eine Malnutrition schnell ersichtlich. Aufmerksame Angehörige werden bemerken, wenn eine Unterernährung droht. Dann ist es besonders wichtig, die Ursache der Mangelernährung herauszufinden und ihr entgegenzuwirken. In diesen Fällen sollten Ärzte oder Ernährungsberater als Experten hinzugezogen werden, damit der Erfolg und Verlauf von Gegenmaßnahmen kontrolliert werden kann. Hausärzte beraten auch in Ernährungsfragen und können Therapien empfehlen sowie einleiten.
Pflegende Angehörige können ihren älteren Familienmitgliedern helfen, sich gesund zu ernähren. Außerdem sollten sie darauf achten, dass ausreichend getrunken wird. Es ist sinnvoll, mit pflegebedürftigen Menschen und Fachkräften offen zu kommunizieren. Es sollten gemeinsam Ziele für die Ernährung festgelegt werden. Außerdem sollte darüber gesprochen werden, dass bei ersten Anzeichen einer Unterernährung frühzeitig therapeutische Ernährungsmaßnahmen eingeleitet werden. Berücksichtigt werden sollten dabei individuelle Geschmäcker und Speisen, die Betroffene aus körperlicher Sicht auch zu sich nehmen können. Haben Betroffene zum Beispiel eine Schluckstörung, dann könnte schon durch die Zubereitungsart wie Zerkleinern oder Pürieren der Kost bereits ein Fortschritt erzielt werden.
Mangelernährung bei Demenz
Bei Menschen mit Demenz liegt eine Mangelernährung häufig an einer veränderten Geschmackswahrnehmung. Dadurch, dass der Geruchssinn abnimmt, verändert sich auch das Geschmacksempfinden. Demenzkranke können saure Speisen als bitter wahrnehmen oder aber Geschmacksnoten wie bitter und sauer werden gar nicht mehr unterschieden bzw. erkannt. Erhalten bleibt in der Regel die Geschmacksrichtung süß, weshalb viele Betroffene mit der Zeit eine Vorliebe für süße Speisen entwickeln. Dadurch werden andere Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Gemüse, Obst und andere gesunde Speisen vermieden. Durch eine solch einseitige Ernährung fehlen dann wichtige Nährstoffe und Vitamine, was zu einer Mangelernährung führen kann. Insbesondere ein Vitaminmangel kann die Hirnfunktionen weiter beeinträchtigen und für Appetitlosigkeit, Übelkeit, Halluzinationen, Schwäche, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Gewichtsverlust führen.
Leider kommt es bei Demenzkranken immer wieder vor, dass sie die Nahrung verweigern. Hier ist es notwendig, die Ursache dafür herauszufinden, um sie nach Möglichkeit abstellen zu können. Daher ist es wichtig, für Menschen mit Demenz die Hürden und Schwierigkeiten, die mit dem Essen verbunden sind, auszuräumen. Es kann hilfreich sein, bekannte Speisen von früher anzubieten oder Gerichte gut zu würzen. Denn: Mahlzeiten werden auch abgelehnt, weil sie nach dem Empfinden der Demenzkranken nicht mehr so schmecken wie früher. Außerdem kann ein Versuch unternommen werden, andere Speisen mit hohem Anteil an Nährstoffen anzubieten. Auch eine spezielle Trinknahrung mit hoher Dichte an Kalorien und Nährstoffen kann weiterhelfen. Haben Betroffene bereits Gewicht verloren, sollte auf eine kalorienreiche, eher fette und süße Ernährungsform zurückgegriffen werden, damit die Energiezufuhr erhöht wird.
Menschen mit Demenz essen vorzugsweise in einer ruhigen Umgebung und in Gesellschaft mit anderen. Ein übersichtlich gedeckter Tisch hilft bei der Orientierung. Manchmal vergessen Betroffene einfach, wie man mit Besteck umgeht und möchten es aus Scham nicht zugeben. In diesem Fall müssen sie behutsam angeleitet werden. Sofern das Essen mit Besteck nicht mehr richtig funktioniert, lassen sich viele Speisen auch mit den Fingern essen. Unruhige Demenzpatienten setzen sich ungern zum Essen hin und haben wenig Appetit. Hier besteht die Möglichkeit, dass Kleinigkeiten wie Obststücke oder Kekse im Laufen gegessen werden können. Auch bei Demenzkranken gilt, dass Nahrung weichgekocht oder püriert werden kann, sofern Schluckbeschwerden bestehen. Bei Schmerzen oder Zahnproblemen sollte ein Arzt eingeschaltet werden.
Der Begriff der Kachexie beschreibt einen pathologischen Gewichtsverlust. Einen häufig stark ausgeprägten Verlust von Körpergewicht im Rahmen von Tumorerkrankungen nennt man Tumorkachexie. Aber auch andere schwere und chronische Krankheiten können am Körper zehren, sodass es im schlimmsten Fall zur Kachexie kommt. Die krankhafte Abmagerung geht mit einem Kräfteverfall einher. Auch eine unzureichende Ernährung verschlechtert bei chronischen Krankheiten die Lebensqualität; das Immunsystem wird geschwächt, die Mobilität in vielen Fällen eingeschränkt und letztendlich auch die Lebenserwartung verkürzt.
Bei einer Mangelernährung nimmt ein Mensch ungewollt viel Körpergewicht ab. Dabei erleidet er einen Mangel an wichtigen Nährstoffen. Die Kachexie ist eine Form der Mangelernährung, die immer mit einer Erkrankung assoziiert wird. Durch krankhafte Stoffwechselveränderungen nehmen Betroffene Gewicht ab, aber auch an fettfreier Körpermasse. Es verschwinden also nicht nur Fettpölsterchen, sondern auch Körperzellen wie Immunzellen oder Muskeln. Das verbindet eine Kachexie mit einer Sarkopenie, also dem altersbedingten Verlust an Muskelkraft und Muskelmasse.