Liebe Leserinnen und Leser!
Eigentlich ist es schon schlimm und belastend genug, wenn die Eltern so langsam alt, gebrechlich und vielleicht auch pflegebedürftig werden. Auch durch den Fachkräftemangel in der Pflege sowie die demografischen Einwirkungen werden die Wartelisten für einen Platz in der Seniorenresidenz oder im Alten- oder Pflegeheim immer länger. Und über diese ganzen Sorgen hinaus müssen Sie sich als Angehöriger dann auch noch fragen, wer das alles finanzieren soll. Je nach Einzelfall müssen sich die Kinder nämlich an den Kosten beteiligen. Was also auf Sie zukommen könnte und von welchen Regelungen Sie durch das seit Anfang 2020 geltende Angehörigen-Entlastungsgesetz profitieren können, möchten wir Ihnen heute näher erläutern.
Staatliche Regeln zum Pflegeunterhalt
Die Gesamtkosten für einen Platz im Alters- oder Pflegeheim belaufen sich je nach Einrichtung und Region im Durchschnitt zwischen 1.800,00 € und 3.900,00 €. Hiervon muss ein Eigenanteil von etwa 1.000,00 € pro Monat selbst aufgebracht werden. Noch im Jahr 2020 wurde seitens des Bundesgesundheitsministeriums angekündigt, dass im Zuge der Pflegereform 2021 der Eigenanteil für Pflegebedürftige an den Heimkosten für die ersten drei Jahre auf 700,00 € begrenzt und dann ganz entfallen sollte. Dieser Plan wurde mittlerweile verworfen und in einen finanziellen Zuschuss von 25 % ab dem zweiten Jahr im Heim, der sich im dritten Jahr auf 50 % sowie im vierten Jahr auf 75 % erhöhen soll, umgewandelt. Aber auch diese Regelung wurde bislang noch nicht endgültig beschlossen.
Müssen Eltern oder Großeltern wegen ihres gesundheitlichen Zustandes also stationär gepflegt und versorgt werden, sorgen sich viele Kinder und Enkel um die dadurch entstehenden Kosten. Zahlungspflichtig ist zunächst der jeweilige Pflegebedürftige selbst. Aber häufig reichen die Einkünfte und Renten einfach nicht aus, sodass letztendlich der Staat einspringen muss, der dann wiederum die Angehörigen in die Pflicht nimmt.
Das Konzept der Sozialversicherung in Deutschland sieht vor, dass Pflegebedürftige in einen Pflegegrad eingestuft werden können. Durch den jeweiligen Pflegegrad entsteht gleichzeitig auch ein Anspruch auf Pflegeleistungen, die eine Belastung durch Heim- oder andere Pflegekosten reduzieren. Ganz abgedeckt werden die Unterbringungskosten dadurch jedoch nicht. Reichen die finanziellen Mittel dann immer noch nicht aus, um beispielsweise den Heimplatz zu bezahlen, tritt das Sozialamt ein. Im Rahmen der Unterhaltspflicht prüft das Sozialamt aber, ob es sich das verauslagte Geld irgendwie zurückholen kann. Müssen Kinder für ihre Eltern zahlen, handelt es sich aus rechtlicher Sicht um Elternunterhalt.
Reihenfolge in der Zahlungspflicht
Je nach Einstufung in einen Pflegegrad kann zunächst die Pflegeversicherung einen Teil der Pflegekosten übernehmen. Da das Geld von der Pflegekasse im Regelfall jedoch für stationäre Unterbringungen nicht ausreicht, wird kalkuliert, welche Einkünfte vom Pflegebedürftigen selbst herangezogen werden dürfen. Hier spielen u.a. Renten, Mieteinnahmen und sonstiges Vermögen eine Rolle.
Erst dann, wenn die Pflegeleistungen aus der Pflegeversicherung und die eigenen Einkünfte nicht ausreichen, werden die finanziellen Verhältnisse der Familienangehörigen relevant. Unterhaltsrechtlich werden zunächst – abhängig vom Ehestand – die Ehepartner, dann die Kinder und unter Umständen sogar die Enkel in die Pflicht genommen. Da aber jeder einzelne ein Recht auf Selbstbehalt hat und über Freibeträge sowie Schonvermögen verfügen darf, muss auch hier nicht unbedingt eine Zahlungspflicht entstehen. Fallen alle Familienmitglieder als Zahlungspflichtige aus, kommt das Sozialamt im Rahmen der Hilfe zur Pflege für die Kosten auf.
Relevantes Einkommen und
Angehörigen-Entlastungsgesetz
Unterhaltsverpflichtete werden für die Pflegekosten ihrer Angehörigen nur dann in Anspruch genommen, wenn ihr Jahreseinkommen eine bestimmte Grenze überschreitet. Es hängt beispielsweise auch vom Familienstand, den eigenen Unterhaltsausgaben, Kosten für die Altersvorsorge und dem persönlichen Einkommen und Standard ab, ob eine Zahlungspflicht überhaupt in Frage kommt. Das Wort „zumutbar“ hat in diesem Zusammenhang seit dem 01.01.2020 durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz eine besondere Bedeutung erhalten: Unterhaltspflichtigen Familienangehörigen von Sozialhilfeempfängern darf nicht zugemutet werden, dass sie wegen der auszugleichenden Unterhaltskosten selber zum Sozialfall werden. Nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz müssen unterhaltspflichtige Kinder erst dann für die Pflegeheimkosten ihrer Eltern aufkommen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000,00 € beträgt. Bis zum Jahr 2020 galt diese Grenze nur für Unterhaltspflichtige von Leistungsempfängern der Grundsicherung im Alter und der Erwerbsminderung.
Unterhaltsberechnung im Falle der Zahlungspflicht
Ehepartner oder Kinder haben nach Aufforderung ihre Einkünfte und Ausgaben zu erklären. Während die Einkünfte recht einfach zusammengefasst werden können, gibt es bei den Ausgaben doch einige wichtige Dinge zu beachten. Dies, zumal wie bei der Steuererklärung die Ausgaben das Jahreseinkommen reduzieren, was dann auch für die Unterhaltsleistungen gilt.
Zu den anrechenbaren Ausgaben gehören beispielsweise auch Fahrtkosten zum Arbeitsplatz und zum Heim oder Instandsetzungsarbeiten für den beruflich genutzten PKW oder die eigene Immobilie. Natürlich muss dem Unterhaltspflichtigen auch genug Geld für die eigene Lebensführung verbleiben, was auch die Kosten für die Kinder, Versicherungen, Mieten und manchmal auch Kreditraten beinhaltet. Die abzugsfähigen Ausgaben sollten genau überprüft und dokumentiert werden.
Schonvermögen bleibt unantastbar
Alles, was nach deutschem Recht einem Unterhaltspflichtigen für die Sicherung seines eigenen Lebensunterhaltes zusteht, fällt unter das sogenannte Schonvermögen. Weder der Lebensunterhalt noch die Altersvorsorge dürfen durch den Elternunterhalt gefährdet werden. Das Schonvermögen soll eine Absicherung dafür darstellen, dass der Unterhaltspflichtige selbst im Alter nicht zum Sozialfall wird. Wie auch bei allen anderen Unterhaltsberechnungen kommt es bei der Berechnung des Schonvermögens auf den Einzelfall an. Im Jahr 2020 wurde zur pauschalen Berechnung des Schonvermögens häufig ein Betrag in Höhe von durchschnittlich 5.000,00 € pro beteiligter Person herangezogen.
Oft wird in diesem Zusammenhang nach vorhandenen Eigentumswohnungen oder Eigenheimen gefragt. Sofern es sich bei der selbst bewohnten Wohnung oder dem Haus nicht um eine exklusive Luxus-Immobilie handelt, muss ein Unterhaltspflichtiger auch keinen Verkauf tätigen, um für die Heimkosten der Eltern aufkommen zu können. Von Ehepaaren selbst genutzte Immobilien müssen auch nicht veräußert werden, weil gegen einen der Ehepartner Unterhaltsansprüche gegenüber den Eltern im Pflegeheim bestehen. Anders sieht es aus, wenn eine Haushaltsauflösung wegen Einzug in das Pflegeheim möglich wird. Gehört die Immobilie dem jeweiligen und alleinstehenden Elternteil, muss sie verkauft werden, um aus dem Erlös das Pflegeheim oder anderweitige Pflegeleistungen finanzieren zu können.
Unterhaltsverpflichtungen richtig überprüfen
Wenn Sie ganz genau wissen und berechnen möchten, ob und in welcher Höhe Sie Elternunterhalt leisten müssen, können Sie sich an einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder einen Pflegestützpunkt wenden. Auch wenn hier teilweise mit Beratungskosten gerechnet werden muss, bieten professionelle Beratungs- und Berechnungsleistungen eine Menge Einsparpotenzial. Eine Beratung durch einen Steuerberater hat zusätzlich den Vorteil, dass dieser ganz genau ermitteln kann, welche – auch unterhaltsrechtlich relevanten – Ausgaben vom Jahreseinkommen abzugsfähig sind.
Kommen für die Unterhaltspflicht mehrere Kinder in Betracht, werden alle Abkömmlinge herangezogen. Wer von den Kindern jedoch überhaupt etwas bezahlen muss und in welcher Höhe Unterhalt zu leisten ist, ist wiederum von den Einkünften und den Lebensumständen abhängig.
Letztendlich können Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Ehegatten und Elternunterhalt eine komplexe Materie darstellen und im Falle eines Pflegefalles in der Familie viele Fragen aufwerfen. Durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz hat sich vieles geändert. Im Zweifelsfall sollten Sie deshalb professionelle Beratungsleistungen in Anspruch nehmen, bevor potenzielle Unterhaltsverpflichtungen begründet und von Ihnen anerkannt werden.
Bis zum nächsten Mal – und bleiben Sie wohlauf!